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Haltungen im Umgang mit Persönlichkeitstests & -modellen

Welchen Nutzen haben Persönlichkeitstests und -modelle? Welche Stolpersteine gibt es und mit welcher Haltung lassen sie sich gut anwenden?

Persönlichkeitsmodelle bieten eine Selbst- und Fremdeinschätzung für Vorlieben, Abneigungen, Stärken und Schwächen. Ein Beispiel im ökonomischen Bereich ist beispielsweise in Bewerbungsverfahren, um das Profil der Bewerber zu betrachten und die Passgenauigkeit zur ausgeschriebenen Stellen fachlich und sozial zu prüfen.

Ein Beispiel im Bildungssektor ist die Einschätzung der LehrerInnen, die eine große Rolle für die weitere Benotung der SchülerInnen spielt. Studien belegen die Reproduktion der Bewertungen auch im Fall einer fehlerhaften Einschätzung zu Beginn. Und hier zeichnet sich auch bereits die Gefahr der Modelle ab.

Dynamische Haltung

Gefährlich ist ein Modell, wenn es die Person anhand einer Einschätzung in starren Bewertungen fixiert. Die lässt sich am Beispiel der Experimente in Schulen beobachten. LehrerInnen wiederholen die Bewertungen, die bereits über die SchülerInnen getroffen wurden, auch wenn sie falsch waren. Und das ist nur ein plakatives Beispiel, wie die Wahrnehmung im Alltag ständig mit Erfahrungsabgleich, Bewertungen, Erwartungen und der Einsortierung neuer Erfahrungen spielt. Statt einer Reproduktion, was vor allem im Fall von negativen Bewertungen schädlich ist, ist eine entwicklungsorientierte, dynamische Haltung wichtig. Die Modelle bilden Anteile eines jeden ab, die auf verschieden hohem Entwicklungsstand sind. Diese haben sich entwickelt und befinden sich durch ständige Erfahrungen im Fluss. Auch ist eine einmalige Abfrage nicht ausreichend, da anhand neu gemachter Erfahrungen ständig die Möglichkeit zum Lernen besteht. Hier lässt sich ein guter Stil des Hypothesentestens nennen. Die Einschätzungen, die aufgrund von Vorerfahrungen zu Stande kommen, können als Ansatz zum Nachfragen verwendet werden, sind aber dringend mit einem Bewusstsein für ihre Fehlerhaftigkeit zu hinterfragen. Am Beispiel der SchülerInnen wird eine negative Bewertung, die sich wiederholt und bestehen bleibt, ein Faktor für die Selbsteinschätzung und den weiteren Lebensweg. Die Offenheit der LehrerInnen bewirkt ein regelmäßiges Hinterfragen der Aktualität der Bewertung und mögliche Anpassung sowie passgenaue Angebote zur Unterstützung an den sich bestätigten Schwachstellen. Die Motivation ist dabei humanistisch ausgerichtet mit dem Ziel maximaler Entwicklungs- und Lebensmöglichkeiten der SchülerInnen.

Integration aller Anteilsvorteile

Eine weitere Gefahr besteht in einer Auf- und Abwertung verschiedener Typen. Gerade bei hierarchisierenden Abbildungen liegt dies nahe. Dadurch werden verschiedene Eigenschaften in gut und schlecht, besser und schlechter unterschieden. Das kann zu einer geringen Wertschätzung für die Eigenschaften führen, die auch ihre Vorteile haben und häufig eine Funktion von Grundlage für die darauf aufbauenden Eigenschaften zu sehen sind.

Alle Eigenschaften sind in ihren Vorteilen sowie ihrer wechselwirkenden Bedingtheit zu sehen. Dann lassen sich alle in ihrem unterschiedlichen Stand integrieren und betrachten, wie sie genutzt und weiterentwickelt werden können. Am Beispiel eines Teambuildings kann man bei einer ungeschickten Typisierung beispielsweise die Nachteile von Begrenzungen etablieren, die sogar zu Mobbing führen kann.

Betrachtet man bei allen Typen besonders die Qualitäten und etabliert eine wertschätzende Haltung, können alle voneinander lernen und die Aufgaben nach Fähigkeiten und Entwicklungsvorlieben verteilen.

To put it all in a nutshell

Für Praktiker, die entscheiden und gestalten wollen, sind Ist- und Soll-Analysen ein wertvolles Werkzeug. Im Bereich des Coachings finden sie für die Betrachtung von Ressourcen, Stärken und Qualitäten aber auch der Schärfung von Entwicklungspotenzialen Anwendung. Die kritische Reflexion von starrem und bewertendem Umgang und eine bewusste Konzentration auf offene, dynamische sowie einem Ansatz der Integration und Wertschätzung aller Anteile als Qualitäten und Potenziale ist dabei wesentlich für den praktischen Umgang.

Abb. 1:

Zum Nachlesen:

[1] Bourdieu, Pierre/ Passeron, J.-C.: Die Illusion der Chancengleichheit. Stuttgart 1971, S. 19-45. In: Franzjörg Baumgart (Hrsg.): Theorien der Sozialisation. Bad Heilbrunn 1997, S. 232-244.


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