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Grundlage für Angewandte Soziologie & Coaching: Eigenverantwortung

Angebot von einer unfreien Identifikation als Täter-Opfer-Retter zur emotionaler Befreiung: "Es war nicht der Nachbar udnd auch nicht der Gärtner".


In diesem Artikel wollen wir konkret die Freiheit in den Blick nehmen, die wir durch Eigenverantwortung haben. (Es gibt auch ironische Betrachtungen des Phänomens bspw. im Text zu "Der Möder ist immer der Gärtner".) Unser Coaching unterstützt die Entwicklung hin zu freiem und wirklich nützlichem Handeln für Einzelne und in Gruppen. Die Angewandte Soziologie unterstützt durch die Reflexion von Rollen und Gruppendynamiken die berufliche Zusammenarbeit auf der Mikroebene, beispielsweise im Feld der beruflichen Supervision.


Zur Veranschaulichung der Grundannahme der Eigenverantwortlichkeit in Bezug auf die eigene Wahrnehmung, folgende Gedanken, Gefühle, Worte und Handlungen wird in dieser Flaschenpost folgendes dargestellt: Wir beschreiben eine Entwicklung von der Identifikation als Täter/ Opfer und/oder Retter hin zum Zustand emotionalen Befreiung wie er in der gewaltfreien Kommunikation Anwendung findet.


Die Hammergeschichte

„Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Vielleicht hat er die Eile nur vorgeschützt, und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich. - Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er "Guten Tag" sagen kann, schreit ihn unser Mann an:
"Behalten Sie Ihren Hammer".“
(Watzlawick 2011)

Die Ideen über die Welt sind von uns selbst gemacht. Warum etwas ist, wie es ist, Erklärungs- und Reaktionsmuster sind (sozial) konstruiert (vgl. Berger/Luckmann 1987). Watzlawick beschreibt in der Geschichte sehr deutlich, wie das Verhalten in Reaktion auf diese Ideen das Zusammenleben in Nachbarschaften erschweren können. Das lässt sich übertragen auf Partnerschaften, Verwandtschaftsbeziehungen, MitarbeiterInnen, ChefInnen und KollegInnen.


DramaDreieck von Täter-Opfer-Retter und Auflösung

Zur Reflexion für die Identität und Kommunikation von Menschen gibt es ein spannendes Modell das sich DramaDreieck nennt (vgl. Schlegel 2002). Es stammt aus der Transaktionsanalyse und benennt drei wesentliche Rollen, die unsere duale Wahrnehmung ohne Verantwortungsübernahme für das eigene Erleben provoziert. Es werden dabei angreifende Täter/Verfolger, hilflose Opfer und verteidigende Retter unterschieden. Alle drei Rollen drücken sich in ihrer Dynamik sehr stark und tendenziell ansteckend aus: Der Verfolger klagt an, macht Vorwürfe, setzt herab und lacht aus. Er fühlt sich stark und übernimmt die Führungsrolle „Ohne mich läuft hier nichts.“. Das Opfer macht Schuldbekenntnisse, drückt Hilflosigkeit, Abhängigkeit und Schüchternheit aus. Es übergibt die Verantwortung für alles was geschieht an den Täter „Ich bin unschuldig und kann nichts machen“. Der Retter bietet Hilfe an, oft ohne darum gebeten worden zu sein, springt für den anderen ein und spendet Trost und Ratschläge. Er erlebt Sinn durch seinen Überblick und seine Lösungsangebote „Gut, dass es mich gibt“. Die Rollen sind nicht fix sondern tauschen dabei rundherum, dann wird der Täter das Opfer von Opfer und Retter das Opfer zum Täter gegenüber dem Retter, oder der Retter zum Täter gegenüber dem Opfer.


Abb. 1: Dramadreieck

DramaDreieck

Quelle: (Schlegel 2002: 44).


Abstand ist sehr ratsam. Zudem besteht die Lösung in dem Erkennen der Bedürfnisse. Und eine Eigenverantwortlichkeit in der Lösungsstrategie.


Mit dieser Erkenntnis ist es möglich aus dem Dramadreieck auszusteigen. Hilfreich ist dabei die GFK.

1) Das Opfer übernimmt die Verantwortung seiner Erlebnisse und sucht die Erfüllung seiner Wünsche nach Zuwendung und Fürsorge nicht mehr durch Beziehungen im außen.

2) Der Täter klärt seinen Selbstwert unabhängig von äußeren Zuschreibungen.

3) Der Retter reflektiert seinen Wunsch nach Anerkennung und bemüht sich ausschließlich um Hilfe zur Selbsthilfe.

Wichtig für alle Idealisten ist die bewusste Reflexion der Tendenz zur Retter-Identifikation.


Konsequenz: Gewaltfreie Kommunikation

Gelingt es aus dem DramaDreieck auszusteigen, ist eine gewaltfreie Kommunikation ein natürlicher Effekt. Als Voraussetzung für die authentische Form der Gewaltfreie Kommunikation stellt Marshall Rosenberg drei Entwicklungsstadien vor.


1) Im Stadium der emotionalen Sklaverei erleben Menschen sich als verantwortlich für Glück und Unglück ihrer Umgebung. Nahe Beziehungen werden dadurch schnell als einengend erlebt.

2) Im Stadium der Rebellion entsteht ein starker Wunsch, sich nicht länger für die Gefühle anderer verantwortlich zu erleben. Die Abgrenzungstendenzen sind vergleichbar mit der Reaktion von pubertierenden Teenagern. Hier wird die Aufmerksamkeit auf die eigenen Bedürfnisse gelenkt und in Auseinandersetzung gegangen.

3) Im Stadium der emotionalen Befreiung wird die volle Verantwortung für das eigene Handeln übernommen. „Zur emotionalen Befreiung gehört, dass wir klar aussprechen, was wir brauchen, auf eine Weise, die deutlich macht, dass uns die Bedürfniserfüllung anderer Menschen ebenso am Herzen liegt. Die GFK ist so geschaffen, uns bei der Kommunikation auf dieser Ebene zu unterstützen.“ (vgl. Rosenberg 2005: 80).


Ist die Eigenverantwortung bewusst, entsteht ganz natürlich eine Kommunikation, die Rosenberg als „gewaltfrei“ bezeichnet. „Wenn ich a sehe, dann fühle ich b, weil ich c brauche. Deshalb möchte ich jetzt gerne d.“ Dabei wird die Verantwortung für die emotionale Reaktion der eigenen inneren und äußeren Erlebnisse übernommen. Es werden Bitten statt Forderungen ausgesprochen. Das heißt, dass das Gegenüber weder schuldig ist für die eigenen Erlebnisse. Noch, dass das Gegenüber gezwungen werden kann, sich nach den eigenen Wünschen zu verhalten. Die Gleichzeitigkeit menschlicher Bedürfnisse stehen im Fokus. Dadurch steigt die Wahrnehmung für die eigenen lebendigen Wünsche und die des Gegenübers. Zusätzlich verlieren steife Ideen wie etwas „zu tun ist“ an Bedeutung.

Durch die zeitgleiche Anerkennung von verschiedenen Bedürfnissen, entwickelt sich eine Tendenz vom entweder-oder zum großzügigen Erleben von Gleichzeitigkeit im sowohl-als-auch.


To put it all in a nutshell


Die Reflexion und distanzierte Beobachtung von abhängigen Identitäten wie Opfer-Täter-Retter zeigt Möglichkeiten auf, die in diesem Dramadreieck nicht erscheinen. Die Entwicklung von emotionaler Sklaverei zur Befreiung ist Grundlage für eine gesunde Gruppenkommunikation.


Angewandte Soziologie & Coaching arbeitet auf der Grundlage der Übernahme von Eigenverantwortlichkeit als Voraussetzung für Freiheit und Veränderung.

Konkret Anwendung findet dies auf der Mikroebene in der Reflexion und Begleitung von Gruppenprozessen beispielsweise im Feld der beruflichen Supervision. Gerade für eine funktionierende Zusammenarbeit im Dreieck ChefInnen, KollegInnen und MitarbeiterInnen ist diese Rollenreflexion für eine gesunde Kommunikation unersetzlich.




Für Neugierige zum Nachlesen und Stöbern:


Berger, Peter L./ Luckmann, Thomas (1969/1987): Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Mit einer Einleitung zur deutschen Ausgabe von Helmuth Plessner. Übersetzt von Monika Plessner. Frankfurt/Main: Fischer Taschenbuch Verlag.


Rosenberg, Marshall (2016): Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens. 9. Aufl., Junfermann: Heilbronn.


Schlegel, Leonhard (2002): Handwörterbuch der Transaktionsanalyse. Sämtliche Begriffe der TA praxisnah erklärt, 2. Aufl., unter URL als Download: https://www.radikale-therapie.de/TA-Infos/HWB-TA.pdf (Stand: 2018, Abruf: 11.04.2018).


Watzlawick, Paul (2011): Anleitung zum Unglücklichsein. 19. Aufl., Piper: München.








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